06 November, 2006

Beim gemeinsamen Lesen in der Bibel mit unseren ägyptischen Mitarbeitern ist mir wiederholt aufgefallen, dass zwischen den Texten der arabischen Bibel in der Übersetzung von Smith/van Dyke und unsere Lutherübersetzung immer wieder Unterschiede im Text zum Vorschein kommen. Eine kleine Diskussion entstand beim sogenannten „Comma Johanneum“ im 1. Johannesbrief 5,7-8 das im arabischen Text (immer noch) erscheint. Dort lautet der Text: „Denn drei sind es, die Zeugnis geben: [im Himmel der Vater, der Logos und der Heilige Geist, und diese drei sind eins; und drei bezeugen auf Erden:] der Geist, das Wasser und das Blut.“

Wie kommt es aber nun zu dem Unterschied in den arabischen Übersetzungen? Am 11. Februar 1848 wurde die Übersetzung der heutigen arabischen Standartbibel von der Amerikanischen Bibelgesellschaft (American Bible Society) und der Syrischen Mission (Syria Mission) durch die Übersetzer Dr. Eli Smith († 3.4.1857), Butrus al-Bustani und Cornelius Van Alan Van Dyke, M.D. (1818-1888) in Auftrag gegeben.
Am 22. August 1864 wurde die Übersetzung fertig gestellt und konnte am 10. März 1865 gedruckt werden.

Was die NT-Übersetzung angeht, beruhte sie im wesentlichen auf dem Text der Londoner Polyglotte von Brian Walton 1655-57 und im besonderen auf der griechischen Textausgabe für das Neue Testament von August Hahn. Alle diese Ausgaben basieren wiederum stark auf dem Textus receptus von Erasmus von Rotterdam, der bekanntermaßen unter großer Eile seinen griechischen Grundtext am 1. März 1516 bei Froben in Basel zum ersten Mal in gedruckter Form veröffentlichte. Was das Comma Johanneum angeht gibt es sogar noch eine besondere Geschichte: Erasmus hatte sie in seinen ersten beiden Auflagen noch gar nicht aufgeführt, was schlicht und einfach daran lag, dass es keine griechische Handschrift gab, die diese beinhaltete. Weil sie aber in der Vulgata vorkommt, wurde er angehalten diesen Abschnitt mit aufzunehmen. Er gab das leichtfertige Versprechen: wenn nur eine Handschrift gefunden werde, dann würde er das Comma Johanneum einfügen. Daraufhin erhielt er von einem Franziskaner aus Oxford eine Handschrift speziell für diese Absicht hergestellt. Zu seinem Wort stehend, fügte Erasmus den Vers ein. Ganz allgemein stützte sich seine Ausgabe, die später als „Textus receptus“ in die Geschichte eingehen sollte, auf Teile des späten byzantinischen Reichstextes (Mehrheitstextes). Diese minderwertige Textausgabe sollte aber für Jahrzehnte alle späteren Auflagen griechischer Grundtexte bestimmen und damit auch fast alle Bibelübersetzungen der Neuzeit. Erst mit dem Erscheinen des Novum Testamentum graece von Eberhard Nestle wurde der schlechte Textus receptus und seine Nachfolger überwunden. Das war aber erst 1898. In unseren heutigen Lutherausgaben und Übersetzungen ist diese Erkenntnis eingearbeitet - nicht aber in die arabische Bibel, wie auch bei Schlatter 2000 und King James! Diese Ausgaben sind allesamt mittlerer Weile selbst zum Textus receptus geworden.