Bei der Berichterstattung über die Koranverteilung in
deutschen Städten muss man sich fragen, ob es sich bei jener deutschen Ausgabe
überhaupt um einen Koran handelt. Mein Versuch, 1988 in den Emiraten einen
arabischen Koran aus dem Regal eines konservativen Lehrers in die Hand zu
nehmen, wurde mir mit dem Hinweis verweigert, dass dies nur Muslimen und gemäß
Sure 56, 79 nur den Reinen vorbehalten sei, und genauso endete der erste
Versuch einen Koran elf Jahre später in Unterägypten zu kaufen.
Was in einigen deutschen Großstädten verteilt wird, ist in
den Augen der meisten Muslime nicht mehr als ein Kommentar, ein Tafsir. Wenn
man einen solchen verbrennen würde – entgegen den Befürchtungen Ihres Glosse „Weiterungen“
in der F.A.Z. vom 13. April –, sollte normalerweise kein Aufschrei erfolgen, es
sei denn aus einem Missverständnis oder einer neuen Zuschreibung heraus (auch
eine Übersetzung sei nun heilig), denn der Koran gilt gemeinhin als
unübersetzbar, was u.a. mit Sure 16, 103 zusammenhängt, wo der Koran von sich
sagt, dass er in „eindeutig arabischer Sprache“ verfasst ist. Als ich in
Jordanien meine ersten Gespräche über den Koran führte und ich mich damals noch
mit der deutschen Übersetzung von Max Henning behelfen musste, wurde ich dieser
Ausgabe wegen mit der Bemerkung belächelt: „Eine Übersetzung gilt doch nicht
als Koran“.
Mein Leserbrief an die FAZ vom 5. Mai, S. 18