19 Dezember, 2008

Besuch im islamischen Kulturzentrum Wolfsburg

Bei meinem Besuch heute im islamischen Kulturzentrum von Wolfsburg wusste ich natürlich, dass ich die Schuhe ausziehen muss. Was ich noch nicht wußte ist, dass man mit dem rechten Fuss zuerst in den Gebetsraum eintreten muss und dabei "im Namen des barmherzigen und gnädigen Gottes" sagen soll. Erst später wollte ich wissen, warum das so ist und ich fragte den Nächstbesten, ob er mir das erklären könne. Er verstand kein Deutsch. Also wiederholte ich die Frage auf Arabisch und die Antwort lautete lapidar: "Sunna". Gewohnheit des Propheten. Ganz einfach.

Über der Gebetsnische ist ein großer Schriftzug aus dem Koran (Sure 4/103, letzter Satz) angebracht:

إِنَّ الصَّلاَةَ كَانَتْ عَلَى الْمُؤْمِنِينَ كِتَابًا مَّوْقُوتًا


Das Gebet der Gläubigen ist eine Vorschrift zu festgesetzten Zeiten.

Anfangs waren etwa 40 Männer versammelt bis sich die Zahl am Ende auf ca. 170 vergrößerte. Mindestens einen Beter konnte ich zweifelsfrei als Muslim ohne Migrationshintergrund ausmachen. Zwei waren in weißer Galabiyya und Bart erschienen.

Die arabische Predigt dauerte ca. 12 Minuten. Die deutsche Übersetzung baruchte etwas mehr Zeit, weil die arabischen Begriffe stärker erklärt werden mussten. Es ging um die schönsten Namen Gottes. Textgrundlage war Sure 59,22-24:

22 Er ist Allah, außer dem es keinen Gott gibt; Er kennt das Verborgene und das Sichtbare. Er ist der Erbarmer, der Barmherzige.
23 Er ist Allah, außer dem es keinen Gott gibt; der König, der Heilige, der Friedensstifter, der Getreue, der Beschützer, der Mächtige, der Starke, der Hocherhabene. Preis sei Allah (der erhaben ist) ob dem, was sie Ihm beigesellen.
24 Er ist Allah, der Schöpfer, der Erschaffer, der Bildner. Sein sind die schönsten Namen. Ihn preiset, was in den Himmeln und auf Erden ist, denn Er ist der Mächtige, der Weise.
nach der Übersetzung von Max Henning

Besonders erklärt wurde der Name: "der Hocherhabene" oder "der Stolze". Es handelt sich um das Wort "mutakabbir". Wenn es für Menschen gebraucht wird, dann ist es negativ gemeint, im Sinne von stolz und hochmütig. Wird es für Gott gebraucht, dann ist es nicht als hochmütig zu verstehen, weil Gott ja rechtmäßig der Erhabene ist.
Das Wort "mutakabbir" wurde direkt mit dem Ruf "Allahu akbar" in Verbindung gebracht. "Gott ist der Größte". Daher darf er stolz sein.

Aber genau hier manifestiert sich der Abstand des muslimischen Gottesverständnis zu seinen Geschöpfen zu denen er sich niemals herablassen können wird, denn er ist hocherhaben. Dies ist vielleicht auch der Grund, warum Muslime so schnell beleidigt sind und sich in ihrer Ehre verletzt fühlen, weil sie sich sich mit Gott, dem "mutakabbir" identifizieren und alle Kritik usw. fernhalten müssen. Wer ist empfindlicher als der Stolze?
Anders im Gottesverständnis der Bibel. Auch in der Bibel ist er der König usw. Aber, und das ist das faszinierende: Gott besitzt gleichzeitig die Größe, dass er auch Mensch werden kann, weil er sich dem Menschen angemessen mitteilen möchte. Dieser Gott ist so groß, dass man sagen kann: Allahu akbar akbar. Es ist ein "akbar" nach oben aber auch "akbar" nach unten, also in beide Richtungen. Es ist die Größe der Liebe. Das bedeutet Weihnachten.

Ansagen für die nächste Woche: Morgen Feier der Geburt eines Kindes. Am Sonntag wieder ein Treffen und ab Montag bis Donnerstag von 10.00 Uhr bis 12.00 lernen die Kinder beten und die Sure 86 auswendig.

10 Dezember, 2008

Das man für Werte leben und einstehen kann, ohne diese begründen zu können, erklärt uns Yeshayahu Leibowitz in einem Fernsehinterview. Für mich waren dieses Sätze ein wichtiger Beitrag, um das Grübeln nicht eskalieren zu lassen:

„Keine Werteentscheidung lässt sich rational erklären. Solche Entscheidungen lassen sich auf keinen Grund zurückführen, der sie erklären könnte. Sie rühren daher, dass der Mensch einen Wert in ihnen sieht. Es scheint paradox: Etwas stellt für jemanden einen Wert dar, weil dieser Jemand einen Wert darin sieht. Das gilt für alles, was wir im Allgemeinen als Wert bezeichnen: für den Bereich der Ethik, den Bereich der Politik, den Bereich des Glaubens und den Bereich der Ästhetik.
Es gibt kein politisches Programm, sei es faschistisch oder demokratisch, kapitalistisch oder sozialistisch, pazifistisch oder militaristisch – es gibt kein politisches Programm, das ein Abbild des Ist-Zustandes wäre.
Es ist niemals rationales Denken, das zu einem bestimmten Programm führt. Jedes politische Programm ist ein Abbild von etwas, wovon der Mensch will, dass es das geben soll. Warum will er, dass es das geben soll? Weil er darin einen Wert sieht.“

(http://de.youtube.com/watch?v=4OktogOTlR8)

03 November, 2008


Hier ein Blick in die Sendung "Gott sei Dank" vom
1.11.2008 über unsere Arbeit in Ägypten.

22 Oktober, 2008

Clara im ERF

Es gibt bald einen Fernsehbeitrag vom ERF über einen Teil unseres Lebens in Assuan,
(es ging vor allem um Clara und die Behindertenarbeit.)

Wer sich dafür interessiert:

Die Sendung heißt: Gott sei Dank!

Satellit digital:

Bibel TV - Di. 4. November 2008, um 17:30 Uhr
(Wh.: Fr, 7. November 2008, um 17:30 Uhr)
rheinmaintv - Sa, 1. November 2008, um 16:00 Uhr

Kabel:
FAB (Fernsehen aus Berlin) - Sa, 1. November 2008, um 17:05 Uhr
(Wh.: So, 2. November, um 08:30 Uhr, Di, 4.November, um 04:30 Ihr und Fr, 7. November, um 17:05 Uhr)


bw family tv - So, 2. November 2008, um 10:30 Uhr
rheinmaintv - Sa, 1. November 2008, um 16:00 Uhr

Im Internet:
www.erf.de
www.gottseidank.tv

10 September, 2008

Leid in Islam und Christentum
(mein Artikel aus EMO-Aktuell 4/2008)

Das Leid ist die Eintrittserfahrung des Menschen in das Leben. Jeder Mensch wird im Schmerz geboren, und nicht nur seit Auschwitz wissen wir, dass Leid unsäglich sein kann. Im Angesicht dieses Leides stellt sich die Frage: Wenn der Mensch Geschöpf Gottes ist und wenn Gott als vollkommenes Wesen gedacht wird, wie kommt dann das Leid in die Welt? Diese Schwierigkeit die Gerechtigkeit Gottes im Anblick der Leiderfahrung rational zu denken (Theodizee), ist bis heute eine nicht gelöste Herausforderung. Der österreichische Philosoph und engagierte Atheist G. Streminger (geb. 1952) schreibt „Ist aber das Theodizeeproblem unlösbar, so ist jedes Vertrauen in einen ethisch vollkommenen Gott blind.“ Der deutsche Philosoph O. Marquard (geb. 1928) drückt es so aus: „Am besten entlasten wir ihn“, und zwar zu seiner eigenen ‚größeren Ehre’: „Freispruch Gottes wegen der erwiesensten jeder möglichen Unschuld, nämlich der Unschuld wegen Nichtexistenz. Durch diesen Atheismus ad maiorem Dei gloriam wird der Mensch der Erbe der Funktionen Gottes: nicht nur seiner Funktion als Schöpfer, sondern eben darum auch seiner Funktion als Angeklagter der Theodizee.“ (aus: Abschied vom Prinzipiellen, S. 48). Atheismus als Antwort auf die Theodizee bedeutet folglich, dass nun der Mensch sich rechtfertigen muss. Aber selbst dann, wenn er sich diesen Schuh nicht anzieht, weil er sich in die „Unbelangbarkeit“ absetzt, es ihm also gelingt, z.B. einem anderen (ebenfalls einem Menschen) die Schuld zu geben, bleibt eine stille Selbstanklage zurück: Wie kann ich weiterhin unschuldig mein üppiges Essen genießen, wenn ich weiß, dass täglich hunderte Menschen auf dieser Welt verhungern?

Leid im Islam
Ähnlich wie in der Sache des Zweifels (s. EMO-Aktuell 1/2008) wird die Frage nach dem Leid im Islam durch das islamische Gottesbild bestimmt. Islam bedeutet bedingungslose Unterwerfung unter den Willen Gottes. Die einzig angemessene Haltung ist das Sichniederwerfen und die Verbeugung. Das Partizip „muslim“ bedeutet wörtlich: „der sich Ergebende“. Sein Angesicht ist beim Gebet wie das eines Untergebenen auf den Boden gerichtet. Der sich Gott Unterwerfende kann aber nicht aus einer solchen Haltung heraus anklagen. Er kann bestenfalls alle Widerfährnis mehr oder weniger vertrauensvoll hinnehmen. Leid wird im Islam deshalb nicht hinterfragt oder Gott dafür angeklagt. Dies ist der Grund, warum sich im Islam ein Theodizeeproblem nicht wie im Westen ausbilden konnte, obwohl sich dieses Problem gerade aufgrund des absoluten Eingottverständnisses (tauhīd) viel stärker aufdrängt, denn Gut und Böse müssen radikal in eins gedacht werden.
Die Frage nach der Gerechtigkeit Gottes war deshalb nur Thema der frühen rationalen Bewegung des 8.-10. Jahrhunderts (mu´atazila), die aber vom Mehrheitsislam verdrängt wurde. Die Fragestellung der Theodizee wird als Vermessenheit des Menschen und damit als Unglaube angesehen. In Sure 2, 116 heißt es: „Gott weiß, ihr aber wisset nicht!“
Verkürzt gesagt, ist die muslimische Antwort auf das Leid die schweigende Hinnahme. Der koranische Hiob (Ayyūb) – der Bericht über ihn umfasst nur etwa acht Verse – ist daher der Geduldige, ein Glaubensheld, keinesfalls der Aufbegehrende. Darüber hinaus wird Leid im Islam als Prüfung (balā`) oder als Strafe angesehen (Sure 21,35): „Jede Seele wird den Tod kosten. Mit Bösem und mit Gutem prüfen wir euch, um euch zu erproben“.
Vollkommenheit Gottes bedeutet für den Muslim, dass Gott nicht leiden kann. Denn was ist das für ein Gott, so fragen sie, der dem Leid in welcher Weise auch immer unterworfen wäre?

Leid im Alten Testament
Im Pentateuch wird der gläubige Mensch als der gesegnete Mensch betrachtet, wenn er vom Leid verschont bleibt, und das geschieht immer dann, wenn er glaubt und Recht tut. Leid ist deshalb ähnlich wie im islamischen Verständnis zunächst mit einer Strafvorstellung für Unglaube oder Ungerechtigkeit verbunden. Erst durch das Buch Hiob und vor allem dessen literarisch großartigen Dialog mit seinen Freunden im großen Mittelteil (3,1 – 42,6) ist dieses Verständnis aufgebrochen worden. Der Mensch darf vor Gott klagen. Er begehrt sogar gegen ihn auf: „Ich bin zum Rechtsstreit gerüstet!“ (Hiob 12,18) Es sind die Freunde Hiobs, die ihn zuvor zurechtweisen (11,7): „Muss denn ein Schwätzer immer Recht haben?“ Und auch Gott ermahnt Hiob (40,7-8): „Ich will dich fragen; lehre mich! Willst du mein Urteil zunichte machen und mich schuldig sprechen, dass du recht behältst?“ Aber am Ende ist es Gott, der Hiob gegen die Freunde rechtfertigt (42,7): „…denn ihr habt nicht recht von mir geredet wie mein Knecht Hiob“. Gott erlaubt somit die Theodizeefrage und gibt ihr in der Rede Hiobs ausdrücklich Raum.

Leid im Neuen Testament
Der bereits erwähnte Gedanke, dass Gott nicht leiden könne oder dürfe, ist im Westen das Ergebnis einer philosophischen Vollkommenheitsspekulation, die sich aber nicht mit den Erzählungen und Erfahrungen der Bibel deckt. Denn die Geschichte Gottes mit den Menschen ist von Anfang an geprägt von der leidvollen Sorge Gottes um den Menschen aus Liebe. Das Vertrauen des Christen in einen ethisch vollkommenen Gott ist nicht blind. Der Christ hat eine Anschauung, nämlich die des „gekreuzigten Gottes“ (Jürgen Moltmann, geb. 1926). Gott leidet, genauer gesagt: er leidet als der Vater, der Sohn und der Heilige Geist und er tut dies auf je eigene Weise. Nur der Sohn geht im Leid auf, nicht aber der Vater. Gott bleibt souverän. Leid ist darum nie grenzenlos oder unkontrolliert. Das Vertrauen in Gott angesichts des sinnlosen Leides ist sicher angefochten, aber niemals blind und auch nicht sprachlos. Die Bibel hat Worte gefunden, die das Leid immer wieder vor Gott zur Sprache bringen. „Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen?“ Dieser Satz des 22. Psalms wird von Jesus Christus unter größten Schmerzen am Kreuz zitiert. Gott macht damit die leidvolle Existenz des Menschen zu seiner eigenen, aber überwindet sie schließlich durch die Auferstehung von den Toten.
Was die offen gebliebene Frage nach der Theodizee angeht, so wird diese von dem Glaubenden eingeschlossen in die Bitte des Vaterunsers: „…und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen“ und ertragen mit dem Zuspruch der Verheißung (Off. 21,4): „…und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein.
Am 20.08.2008 sind wir offiziell in unser neues Haus in Hankensbüttel eingezogen. Nach 10 Jahren Orient leben wir jetzt wieder ohne Haushaltshilfen, Kurzzeitmitarbeiter, überdurchnittlich vielen Gästen und Besuchern in echter Privatsphäre, eine Errungenschaft der westlichen Welt und dort auch erst seit der Zeit, als sich die Menschen genügend Wohnraum leisten können und weniger aufeinander angewiesen sind. Ob das gut ist, wird sich noch zeigen müssen.

21 April, 2008

Übrigens empfehle ich die Zeitschrift EMO-Aktuell und möchte besonders ich auf meinen Artikel über „Zweifel in Islam und Christentum“ hinweisen, der über die Linksammlung: EMO/Weiter/Islamfragen/Artikel zum Runterladen - zu finden ist.

19 April, 2008

Als Gäste einer Hochzeitsnachfeier hatten wir heute einen wunderbaren Abend im Restaurant Panorama. Das Besondere war die Mischung aus Deutschen, Nubiern und Oberägyptern.

06 April, 2008

Ich habe über ein Jahr gebraucht, um mein altes Konto mit dem neuen zu verbinden.