12 Dezember, 2006

Trinität III

Wir haben gesagt, dass eine Realidentifikation von eins und drei nicht möglich ist. Dies mag dem einen oder anderen als ein derart schwierige Tatsache erscheinen, dass er allein auf Grund dieser Überlegung nicht mehr an der Aussage der Trinität festhalten möchte.

Bevor er das tut, muss man aber darauf hinweisen, dass eine Realidentifikation auch an anderen Stellen der realen Weltwirklichkeit nicht immer gegeben oder möglich ist.

Z.B. im Bereich der Physik: Wir erinnern uns vielleicht noch an unseren Chemieunterricht, als wir zur Struktur des Kohlenstoffatoms kamen und seine 4-Wertigkeit zu erklären versuchten. Wir entsinnen uns vielleicht noch an die Modelle mit den Styroporkegeln, die die Aufenthaltswahrscheinlichkeiten der Elektronen sichtbar machen sollten, denn die Realidentifikation von Ort und Zeit sind bei den Elektronenbewegungen nicht möglich. Wir können Zeit und Ort eines Elektrons nicht gleichzeitig angeben. Genauso ist dies bei der Ontologie des Lichts. Wir beobachten gleichzeitig das Licht als Welle und Teilchen als zwei widersprechende Verhaltensweisen! Und immer noch suchen Wissenschaftler vergeblich nach der „Weltformel“ (Theory of everything, TOE) die endlich Mikrokosmos und Makrokosmos in einer Aussage vereint, nämlich u.a. Quantenphysik und Relativitätstheorie. Dabei erwartet im Grunde niemand die Realidentifikation in einer einzigen Formel - eine einzige plausible Theorie wäre schon ein großer Erfolg und selbst hier scheint es keine Lösung zu geben.

Wenn es schon bei den Phänomenen in der Schöpfung nicht gelingt formal-logische Klarheit zu erreichen, warum sollte dies beim Schöpfer selbst - wenn auch rein spekulativ - erreicht werden?

Wir fragen noch weiter:

Wie kann etwas so überaus komplexes wie das Universum aus etwas hervorgegangen sein, das jegliche Komplexität bereits im Ansatz entbehrt?

Wir mögen die Trinitätslehre fallen lassen, aber wir müssen uns dann ernsthaft fragen, was wir von einem Gott erwarten können, der etwas Zweites auf seiner Ebene nicht zulassen kann. Der Islam nennt das tafrīd (Zweitlosigkeitsglauben).

Wir Geschöpfe wollen aber doch im tiefsten auf die Ebene Gottes gelangen, eine Ebene mit Ewigkeitswert. Wir wollen nicht sterben, wie das auf unserer irdischen Ebene geschieht. Und wir wollen von der Ebene Gottes Göttliches hören – nicht Menschliches. Nicht umsonst haben Muslime dem Koran die Eigenschaft von „ungeschaffen“ und „ewig“ verliehen, weil es genau um diese Pointe geht. Dabei haben sie eine theologische Diskussion ins Rollen gebracht, die bis heute nicht gelöst ist, nämlich die Überlegung: wenn Gott einer ist, wer oder was ist dann das göttliche Wort, der Koran, als etwas Zweites daneben? Verschärft wird diese Frage noch durch die Aussage, das es den Koran als Umm al-kitāb im Himmel gibt und dies eine Anschauung neben Gott bewirkt. Dies ist genau genommen das Ende von tafrīd, tauīd (Eingottglaube) und tağrīd (Nurgottglaubens), jedenfalls dann, wenn wir so haarscharf an die Sache herangehen, wie die Theologie in der Trinitätsfrage.

Ich schließe hier mit einem Zitat von André Rittert:

“Dass Gott einer und nur dieser Eine ist, ist als theologische Aussage Kernbestand des christlichen Glaubensbekenntnisses. Damit ist zugleich gesagt, dass Gott der Eine und Einzige ist, dem sich jeder und alles verdankt; ja, mehr noch: er ist nach christlichem Glauben und Verstehen für alle der Eine und Einzige, weil wir es überhaupt nur dann mit Gott zu tun haben. Doch auch dies ist damit ausgesagt: Gottes Einheit ist nach christlichem Bekenntnis etwas anderes als bloße Einsheit oder als strukturlose Einzelheit oder abstrakte Einzigkeit. Gottes Sein ist in sich selbst differenziert und eine zur Welt sich korrelativ verhaltene Einheit und nur auf diese Weise auslegbar und aussagbar.” (Der Monotheismus als ökumenisches Problem, S. 223).

Fortsetzung folgt

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